Untersuchungsausschuss: Den schwarzen Filz ausleuchten

Am 8. Dezember 2021 hat der Bayerische Landtag die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Masken-Affäre und weiterer dubioser Geschäfte beschlossen. Das ist ein Erfolg der Landtags-Grünen, auf den wir über ein halbes Jahr hingearbeitet haben. Florian Siekmann (stv. Vorsitzender des Ausschusses), Tim Pargent (Mitglied), Stephanie Schuhknecht (stv. Mitglied) und Maximilian Deisenhofer (stv. Mitglied) werden für die Grüne Fraktion die Aufklärung vorantreiben.

In Krisenzeiten ist schnelles Handeln der Regierung wichtig. Innerhalb kurzer Zeit musste im Frühjahr 2021 Schutzausrüstung zur Eindämmung der Pandemie beschafft werden. Statt aber auf Angebotsvergleich zu setzen, kamen Tipps von Mandatsträger*innen und Lobbyist*innen zum Zug, die dafür hohe Provisionen kassiert haben. Allein beim Deal der CSU-Abgeordneten Alfred Sauter und Georg Nüßlein sollen insgesamt 11,5 Millionen Euro geflossen sein.

Als im Februar erste Hinweise auf dubiose Geschäfte auftauchten, begann unsere Arbeit, die im Ergebnis zum jetzt eingesetzten Untersuchungsausschuss führte. Als Landtags-Grüne haben wir begonnen schriftliche Anfragen an die Staatsregierung zu stellen und wollten so Licht ins Dunkel bringen und Transparenz über das Handeln der Staatsregierung herstellen.

Leider hat die Staatsregierung diese Gelegenheit nicht genutzt, um vollumfängliche Transparenz zu schaffen. Im Gegenteil. Zwar kamen immer mehr Deals ans Licht: Die Vermittlung von Masken durch die bestens in der CSU vernetzte Lobbyistin Andrea Tandler, die üppig vergütete Unterstützung für die Zulassung eines staatlich beauftragten PCR-Schnelltests durch den Abgeordneten Sauter sowie zahllose weitere Termine und Geschäfte im Graubereich zwischen Mandat und wirtschaftlicher Bereicherung. Meistens trafen unsere Fragen aber auf eine Mauer-Regierung, die Antworten verzögert und verschleppt hat.

In der Regel stehen der Staatsregierung vier Wochen zu, um schriftliche Anfragen von Landtagsabgeordneten zu beantworten. So sieht es das parlamentarische Verfahren vor. Statt der vorgegebenen vier Wochen, müssten wir bei manchen unserer Anfragen allerdings über fünf Monate auf eine Antwort der Staatsregierung warten. Zusätzlich waren die Antworten der Staatsregierung oft unklar und ausweichend. Schon vor der Sommerpause zeichnete sich deshalb ab, dass das Mittel der schriftlichen Anfragen nicht ausreichen wird, um Licht ins Dunkel der Masken-Affäre zu bringen.

Als nächsten Schritt haben wir die Einsetzung eines unabhängigen Sonderermittlers vorgeschlagen. Doch auch hier lehnte die Staatsregierung ab. Damit war endgültig klar: Es gibt keinen Willen der Staatsregierung zur Aufklärung und ohne Untersuchungsausschuss wird sich die Mauer des Schweigens nicht brechen lassen.

Wir Landtags-Grüne erarbeiteten deshalb über die parlamentarische Sommerpause einen ersten Entwurf für einen Fragenkatalog und einen Antrag auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Mit diesem Entwurf konnten wir dann an die demokratische Opposition herantreten. Zusammen mit SPD und FDP konnten wir unseren Entwurf schärfen und im Oktober 2021 einen gemeinsamen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit weit mehr als 200 Fragen offiziell ins parlamentarische Verfahren einbringen.

Noch im August 2021 hat das Gesundheitsministerium erklärt, ein Untersuchungsausschuss sei „nicht geboten“. Doch dann wurde der Druck aus Opposition und Öffentlichkeit zu groß und es kam die 180-Grad-Wende: CSU und Freie Wähler boten der demokratischen Opposition Verhandlungen über den Inhalt des Untersuchungsausschusses an. Über mehrere Wochen arbeiteten die demokratischen Fraktionen intensiv an einem gemeinsamen Fragenkatalog, der im Dezember einstimmig im Landtag beschlossen wurde.

Die schamlose Bereicherung von Mandatsträger*innen der CSU in einer Notlage hat das Vertrauen in die Demokratie schwer beschädigt. Es ist unser Erfolg, dass diese neuen Abgründe der CSU-Amigowirtschaft nicht ohne Folge bleiben und wir mit dem Untersuchungsausschuss die Möglichkeit haben, die Affäre lückenlos zu durchleuchten.

Wir werden aufklären, warum die Regierung so leichtfertig auf Hinweis der CSU-Abgeordneten eingekauft hat, wer die Verträge ausgehandelt hat und was die verantwortlichen Regierungsmitglieder wussten. Dazu werden wir Einsicht in sämtliche Akten nehmen und von den zuständigen Mitarbeiter*innen über die beteiligten Abgeordneten bis zum Ministerpräsidenten alle Verantwortlichen als Zeugen vorladen.

Um das Vertrauen in die Demokratie zu erneuern, wollen wir nicht nur die Maskendeals aufklären, sondern auch weitere Fälle untersuchen, wo Mandat und Geschäfte mit dem Staat miteinander verquickt wurden. Der Fragenkatalog für den Untersuchungsausschuss gliedert sich deshalb in drei Teile.

Im ersten Teil wird es darum gehen, welche Compliance Regeln im Umgang mit wirtschaftlichen Interessen von Abgeordneten eingehalten wurden. Sowohl von den Behörden als auch von Unternehmen im Besitz des Freistaats. Im zweiten Teil geht es konkret um Beschaffung von Schutzausrüstung, alle Deals und Provisionen. Im dritten Teil gehen wir noch einen Schritt weiter und untersuchen, welche Geschäfte Abgeordnete seit 2016 mit dem Freistaat gemacht habe. Im Fokus stehen dabei nicht nur eigene Geschäfte, sondern auch Kontaktaufnahmen für Dritte, wenn dabei Zweifel an einem Zusammenhang mit dem freien Mandat bestehen.

Die strafrechtliche Bewertung ist Aufgabe der Gerichte. Der Untersuchungsausschuss hat die Aufgabe, den Skandal politisch aufzuarbeiten und zu bewerten. Es geht um Fragen des politischen Anstands und um die Verantwortung der Staatsregierung. Die politische Aufarbeitung ist wichtig, weil die Maskendeals und die damit verbundene schamlose Selbstbereicherung von CSU-Abgeordneten und CSU-nahen Lobbyist*innen in einer Krisensituation das Vertrauen in unsere Demokratie massiv beschädigt haben. 

Sollte sich im Laufe der Untersuchungen der Verdacht erhärten, dass Abgeordnete ihr Mandat oder den daraus erwachsenden Einfluss in gewinnsüchtiger Weise missbraucht haben, werden wir gegen diese Abgeordneten zusätzlich eine Anklage vor dem Verfassungsgerichtshof auf den Weg bringen. Am Ende einer solchen Anklage kann der Verlust des Mandats stehen.

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