Unterschiedliche Auffassungen von Abgeordnetentätigkeit

Der Teil C des Fragenkatalogs von UA Maske rückt von den Maskenbeschaffungen der Jahre 2020 und 2021 ab und beschäftigt sich mit der grundsätzlichen Systematik der politischen Einflussnahme. Von den Ministerien war vorzulegen, wann und in welchen Fällen sich Abgeordnete über ihr politisches Mandat hinaus an die Staatsregierung gewandt haben. Aus den vorgelegten Akten behandelt der Untersuchungsausschuss nun exemplarisch zwölf Fälle.

Hier wird nun eines deutlich: In den politischen Fraktionen des Landtags bestehen diametral unterschiedliche Ansichten, was ganz normale Abgeordnetentätigkeit ist und wann sich Interessenskonflikte und ungebührliche Einflussnahme auftut. Florian Siekmann, Die Grünen, sagte in der 28. Sitzung am 29.09.2022 zu Alfred Sauter, er sei der Überzeugung, auch wenn der BGH den Korruptionstatbestand jetzt verworfen hat, dass ein Abgeordneter höheren Ansprüchen genügen sollte als bloß, sich nicht strafbar zu machen. Das dürfte in klaren Worten einhellige Ansicht sein. Damit erschöpft sich aber der Konsens.

Am Beispiel des Abgeordneten Jürgen Baumgärtner, CSU, sei dies erklärt: Das Landtagsmitglied hat sich vehement für einen Universitätsstandort in Kronach eingesetzt. Das ist ihm gelungen, wenn auch im Ministerium für Wissenschaft und Kunst geächzt wurde, weil Baumgärtner ständig vorstellig wurde und immer neue Forderungen stellte. So wurden etliche Vermerke erstellt, Ministertermine vereinbart, Gespräche geführt und E-Mails ausgetauscht. Jetzt studieren aber in Kronach Studenten, ein Erfolg für die Region.

Um dies zu verwirklichen hat der Abgeordnete zusammen mit örtlichen Playern, wie dem Landrat Klaus Löffler, CSU, Hans Rebhan, und dem Fraktionsvorsitzenden des Kreistags Kronach, ministeriumsintern als „Kronachszene“ bezeichnet, ein gerüttelt Maß an Druck gemacht. Einen Interessenskonflikt sehen die Oppositionsfraktionen Bündnis 90/Die Grünen aber darin, dass eine Kommunalgesellschaft Lucas-Cranach-Campus LCC KU gegründet wurde, für die Baumgärtner als Vorstand fungierte. Hierfür ließ er sich ein Salär von 3969,05 Euro brutto monatlich zzgl. 2579,88 Euro jährlich auszahlen. Die Kommunalgesellschaft kaufte dann ein Gebäude und vermietete es an die Universität.

Genau hier liegt der Dissens. Ist es eine normale Abgeordnetentätigkeit, wenn der Abgeordnete sich für den politischen Einsatz in seinem Stimmkreis noch einmal 50.000 Euro brutto als Jahresgehalt auszahlen lässt? Ja, findet die CSU und auch der Abgeordnete. Nein , finden die DIE GRÜNEN. Wirft man einen Blick in das neue Bayerische Abgeordnetengesetz, dort Art 29 BayAbgG, stellt sich die Frage, ob es sich um eine „entgeltliche Interessensvertretung“ handelt. Selbst wenn, greift das neue Gesetz erst seit 01.04.2022.

Eine grundsätzliche Klärung wäre für die Zukunft wünschenswert. Neben dem Bayerischen Abgeordnetengesetz müssten Compliance-Regelungen formuliert werden, an denen sich Abgeordnete zu orientieren haben. Das hat der Untersuchungsausschuss bisher jedenfalls gezeigt.

Verwandte Artikel